Gedenkbuch 2013

Elisabeth Rauch geborene Herzberg

Von Dr. Hartmut Ludwig, Schöneiche

Der jüdische Tuchgroßhändler Gotthold Herzberg (1847-1923) und seine Ehefrau Berta, geborene Meyer (1849-1912), hatten zwei Töchter: Emmy (1874-1943) und Elisabeth (1875-1942). Die Familie wohnte in Aachen, Lothringerstraße 103. Das Haus gehörte ihr bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die jüdische Gemeinde in Aachen war relativ klein. Viele Juden gehörten zur Oberschicht der Stadt. Als Textilfabrikanten, Tuchgroßhändler, Ärzte und Juristen waren sie in Wirtschaft und Gesellschaft integriert und in der Öffentlichkeit respektiert. Sie saßen auch in der Stadtverordnetenversammlung. Nichtjuden und Juden lebten in weitgehend friedlicher Koexistenz in der Stadt zusammen. Antisemitismus war nur wenig ausgeprägt.

Über die Familie Herzberg sind wir bisher – außer gelegentlichen Hinweisen bei Herbert Lepper - nur unzureichend informiert. Das betrifft vor allem Beruf und Stellung des Vaters in der Stadt und in der Jüdischen Gemeinde, aber auch die schulische und berufliche Entwicklung der beiden Töchter. Die Herzbergs gehörten, nach allem, was wir von ihnen wissen, zum so genannten assimilierten Judentum.

Sie hatten sich an ihre nicht-jüdische, christliche Umwelt weitgehend angepasst. Deshalb überrascht es nicht, dass alle vier aus der Jüdischen Gemeinde austraten. Ein genaues Datum dafür und für die wahrscheinliche Konversion zum Christentum konnte bisher nicht ermittelt werden. Die Tochter Emmy Herzberg heiratete in erster Ehe Herrn Keill und in zweiter Ehe Amtsgerichtsrat Dr. Karl Leopold Brach (1859-1942) aus Saarlouis. Als Jude war er ebenfalls zum Christentum konvertiert.

Elisabeth Herzberg – auch Else oder Elsa genannt – wurde am 23. Oktober 1875 in Aachen geboren und heiratete mit 21 Jahren am 9. September 1897 in Aachen Diplomingenieur Paul t' Serstevens (1868-1912) aus Brüssel. Er war Katholik, während Elisabeth zum Zeitpunkt der Heirat noch mosaischer Konfession war. Über die Zeit in Brüssel ist bisher leider nichts bekannt. Denkbar wäre, dass Elisabeth unter dem Einfluss ihres Ehemanns zum Christentum konvertierte, aber evangelisch getauft wurde. Im April 1912 starb ihre Mutter. Sie soll evangelisch beerdigt worden sein. Nur vier Monate später, am 8. August, starb Elisabeths Ehemann. Nach seinem Tod zog sie wieder nach Aachen zu ihrem Vater in die Lothringerstraße 103.

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